
Die Albertina Modern ist sicherlich aufgrund ihrer Entstehungsgeschichte nicht mein liebstes Museum in Wien. Nichtsdestotrotz zeigt sie immer wieder in Ausstellungen den Reichtum, den es beherbergt. So auch in dieser Ausstellung, die (zusammengefasst) die aus technischer Sicht als Druck-Ausstellung betitelt werden könnte. In zwei parallel laufenden Ausstellungen werden verschiedenste manuellen Drucktechniken (Formen des Hoch- Tief- Flach und Durchdrucks) vorgestellt, die viele Künstler*innen im Laufe ihrer Karriere erfolgreich anwandten. Darunter Beispiele wie Andy Warhol, Kiki Smith, Alex Katz, etc. – wobei es sich auf Werke nach den 1960ern konzentriert. Die Albertina schreibt dazu
„Der Print nach 1960 unterscheidet sich radikal von der Druckgrafik der fünf vorangegangenen Jahrhunderte. Die druckgrafische Sammlung der Albertina spiegelt die internationale Kunstentwicklung mit ihren diversen Strömungen anhand herausragender Beispiele wider. Drei Kriterien machen diese Revolution aus: das Prinzip der Serialität, das für Andy Warhol, Chuck Close und Kiki Smith typisch ist, die Monumentalisierung der großen Arbeiten von Anselm Kiefer über Georg Baselitz und nicht zuletzt der Siebdruck als neue Technik, die die Realität ins Bild holt.“

Durch die Ausstellung wandernd, bemerkt man die weitgehend großformatige gewählten Werke dieser verschiedenen Künstler*innen. Bei komplexen Techniken des manuellen Bilddrucks sind dies beeindruckende Leistungen. Nur einige wenige kleinformatige Drucke stehen diesen entgegen. Die Palette der Künstler*innen ist sehr breit, sie gehören auch unterschiedlichen Bewegungen und Intentionen an – das bindende Glied zwischen ihnen ist die Technik. Diese Breite an Stilen, aber auch Motiven macht die Ausstellung interessant: Von Warhol mit seinen Campbell-Soups bis Kiefer und seiner Auseinandersetzung mit den Konsequenzen des Weltkrieges. Die große Masse an Werken darf man sich allerdings nicht erwarten. Durch die Größe der Bilder, hält sich die Quantität in Grenzen, was für Besucher*innen die lieber weniger, dafür gute Werke haben, sicherlich von Vorteil ist. Aufschlussreich war sie insofern, als dass sie zeigte, wie viele Künstler*innen sich mit dieser doch sehr alten Techniken des Holzschnittes (oder verwandten Techniken), beschäftigt haben – weit über die berühmtesten Vertreter*innen hinaus. Insofern für alle sehenswert, die Pop-Art mögen und die Technik schätzen oder schätzen lernen möchten (persönlich ein großer Fan davon). Passend zum Thema Druck, findet sich in den Kellergewölben des Hauses derzeit noch die Ausstellung: „Piktorialismus. Die Kunstfotografie um 1900“.
In dieser Ausstellung wird die Entwicklung und Etablierung des Kunstmediums Fotografie angesprochen, die sich langsam, aber sicher als Richtung Gleichstellung der Bildenden Kunst bewegte. Es zeigt frühe Beispiele, viele im Ton und Geschmack der Genremalerei mit alpinem Flair, die im 19. Jahrhundert sich großer Beliebtheit erfreute (Pendants aus der Malerei dazu beispielsweise: Ferdinand Georg Waldmüller). Grund ist mitunter, dass der Kreis an Amateur*innen der in Wien zu dieser Zeit entstand, enge Beziehungen zur Kunstszene der Wiener Secession halten und bringen mit Hilfe aufwändiger Drucktechniken bildgewaltige, an der Malerei geschulte Kompositionen hervor. Auch deswegen kann die Gesamtausstellung des Hauses unter „alles gedruckt“ gefasst werden, da sich beide Geschosse in ihrem Kern mit Druck- und Verfielfältigungstechniken beschäftigt. Weiteres Thema der Untergeschosse ist die Lehre und Weitergabe der Technik in den 1920er Jahren durch Rudolf Koppitz und andere Studierende der ehemaligen k.u.k. (kaiserlich und königlichen) Graphischen Lehr- und Versuchsanstalt in Wien, heute „die Graphische“ genannt, von der viele der ausgestellten Leihgaben stammen.
Es ist vielleicht nicht die Beste Ausstellung, die ich je im fotographischen Bereich gesehen habe (liegt auch den Idyll-Sujets des 19. Jh. und dem Portraitformat dieser Zeit zugrunde), historisch aber interessant in seiner frühen Entwicklung des Mediums Fotografie in Österreich.
TIPP:
Wer übrigens noch Zeit und Lust hat, ist auch die Ausstellung in den oberen Geschossen des Künstlerhauses zu empfehlen, da sich dort die ON THE ROAD AGAIN Künstler*innen einmal fast um die Welt – Ausstellung gezeigt wird, in der sich 24 Projekte zeitgenössischer Kunst aus Österreich, konzipiert und realisiert für 23 Städte rund um die Welt befinden. Sehr spannend mit vielen interessanten Installationen und Arbeiten (inkl. Testen roter Pillen). Auch ohne den Eintritt in die Albertina zu empfehlen.

Ausstellungszeiten Albertina Modern/ Künstlerhaus Wien
- Piktorialismus. Die Kunstfotografie um 1900: 3. Februar – 23. April 2023.
- Andy Warhol bis Damien Hirst – The Revolution in Printmaking: 24. Februar – 23. Juli 2023
- ON THE ROAD AGAIN. Künstler*innen einmal fast um die Welt: 18. Februar – 21. Mai 2023