
Im Weltmuseum Wien findet derzeit eine der schönsten Ausstellungen statt, die ich seit einer Weile besuchen durfte. Oceans. Collections. Reflections. Eine Ausstellung von George Nuku, die seit Juni im Weltmuseum zu sehen ist, behandelt mehrere Themen, die alle miteinander verbunden sind. In den Ausstellungshallen im Erdgeschoss des Museums am Heldenplatz dreht sich die Ausstellung um verschiedene Aspekte der Maori-Kultur, u.a. Wertvorstellungen, Ozean und Schiffahrts-kenntnisse, Kolonialisierung, Rückführung, Dekolonisierung, uvm. Eine Geschichte von Kulturerbe, traumatischen Geschehnissen und Aufarbeitung. Dabei verbindet Nuku Sammlungsstücke des Museums mit eigens kreierten Werken und lässt die Räume mit den Objekten wie aus einem Guss geschaffen wirken, Farbe, Licht und Werke haben in jedem der Räume eine eigene Harmonie und sind aufeinander abgestimmt und unterstreichen das jeweilige Leitthema des Raumes. So wirkt das Blau für das Meer und das Leben damit, Gold für die kolonialen Seefahrer*innen, Schwarz für die Vorstellung von Menschen-Ursprungs und Jenseits. Dabei sind die antiken Sammlungsstücke des Museums organisch in das Gesamtkonzept integriert und dem Inhalt angepasst.

Die 6 Räume der Ausstellung haben fast schon etwas fantastisches an sich. Doch viele Aspekte der Kunstwerke Nukus sind trotz fantastischer Optik und glänzender Farben, eine sensible Auseinandersetzung mit der Vergangenheit der Bevölkerung der Maori bis in die Gegenwart. Interessant war neben den thematischen Aspekten der Ausstellung die Zusammensetzung der eigens für die Ausstellung in Wien hergestellten Werke. Vornehmlich kamen Styropor, Plexiglas und Plastik zum Einsatz, um Teile wie Rahmen, Pforten, Balken oder Skulpturen zu erstellen. Warum? Ein wichtiger Grund war sicher, dass die gesamten für die Ausstellung entstandenen Elemente des Künstlers in mehrmonatiger Gemeinschaftsarbeit mit Freiwilligen entstanden. Ca. 150 Menschen halfen bei der Schaffung der einzelnen Elemente. Da andere Materialien komplizierter sind in der Handhabung, liegt es nahe, dass die Gewählten einfacher zu bearbeitenden Materialien einfacher in der Formgestaltung waren. Außerdem wurde in der Gestaltung von Teilen wie Fischen aus Plastikflaschen, eine sozialkritische Anspielung auf den Zustand der Meere und die Auswirkung des Menschen auf den Meeresbestand ausgedrückt. An der Ausstellung wurde sichtlich viel Zeit investiert und es lohnt sich, selbst wenn weniger Interesse an der Thematik besteht, die künstlerische Darstellung von George Nuku zu bestaunen. Neben der Ausstellung wird man zudem in der Säulenhalle des Weltmuseums Wien mit einer Installation des Künstlers zum Thema COVID-19 begrüßt, die sich in Form riesiger Ballons (die an die Form des Virus angelehnt sind) darstellt; in ihrer Platzierung in der hellen Säulenhalle des Museums mit oberen Lichteinfall ergibt dies einen optisch fantastischen Effekt.
Besonders zum Tragen kommt das Thema “Meer” im Theseustempel im Volksgarten in Wien. Bottled Ocean 2122 nennt er die darin zu bestaunende neueste Fassung einer Installation, die er in Variationen bereits seit einigen Jahren zeigt. Man betritt einen Unterwassertempel, der gefüllt ist mit Darstellungen von Tieren, Gottheiten oder Figurationen der Naturgewalten – ein dystopischer, aber auch poetischer Kommentar zum Klimawandel. Der Tempel ist frei zugänglich und gewährt für alle, die sich unsicher sind ob sie in die Ausstellung in das Weltmuseum gehen sollen (16€ ist auch nicht gerade gratis), kann hier einen ersten Eindruck gewinnen. Ich finde insgesamt die Ausstellung empfehlenswert, aber besonders jene des Theseustempels ist ein Must-see derzeit in Wien!
um Künstler: George Nuku, der in Neuseeland als Māori geboren wurde, aber eben auch schottisch-deutsche Wurzeln hat und heute überwiegend in Paris lebt, betont immer wieder eines: Kultur entsteht durch Austausch. Die Ausstellung in Wien ist seine bisher größte Einzeldarstellung. Der Künstler Nuku erhielt freie Hand, durfte gemeinsam mit Reinhard Blumauer selbst kuratieren und sämtliche Sonderausstellungsräume bespielen, auch die Säulenhalle des Weltmuseums und den Theseustempel im Volksgarten.
Fazit. Top Ausstellung. Die Qualität der Ausstellungen und Aktivitäten des neuen Weltmuseums finde ich, bessern sich stetig. Bereits die vergangenen beiden die auch hier beschrieben sind(LINK), empfand ich als gut konzipierte Ausstellungen, in die viele Gedanken und auch Finanzen flossen. Ich finde das Museum entwickelt sich in seinen Inhalten stets weiter und balanciert die permanente Ausstellung mit ethnographischen Objekten mit teils traumatischen Zusammenhängen mit ihren stark zeitgenössischen Künstler:innen lokal sowie international.
Info:
„Oceans. Collections. Reflections. George Nuku“
Weltmuseum Wien, 23. Juni bis 31. Jänner 2023.
Do-Di: 10:00 – 18:00 Uhr (Di bis 21:00 Uhr)
“Bottled Ocean 2122”
Theseustempel, Volksgarten
23. Juni – 9. Oktober 2022
Täglich 11 bis 18 Uhr
Freier Eintritt
Mehr Infos unter: https://www.weltmuseumwien.at/ausstellungen/oceans-collections-reflections/#ueber-die-ausstellung