
Endlich sind die Museen wieder offen. Und es wird Zeit eine Ausstellung zu besuchen, die schon lange auf der To-Do stand. Taking a break von den Gemälden, auf eine Reise in eine andere Kultur (anders wäre es derzeit auch nicht möglich). Denn Worte wie Montezuma und Tenochtitlán scheinen seltsam vertraut. Und doch haben die meisten von uns kaum eine wirkliche Vorstellung von der Kultur der Zeit, aus der sie stammen: dem Mexiko des 15. und 16. Jahrhunderts. Wir haben uns deswegen die Azteken-Ausstellung im Weltmuseum Wien angesehen, und können es gerne weiterempfehlen.

Die Ausstellung kommt von einem anderen ethnographischen Museum nach Wien: dem Linden-Museum Stuttgart in Deutschland (das die Ausstellung in Zusammenarbeit mit dem Nationaal Museum van Wereldculturen in den Niederlanden und dem Instituto Nacional de Antropología e Historia in Mexiko konzipiert und kuratiert hat). Diese deutsche Version fand rund um den 500. Jahrestag der Landung des Konquistadors Hernán Cortés an der mexikanischen Küste statt, und die Ausstellung folgt einem ähnlichen Weg wie die spanische.
Wir beginnen an den Rändern des aztekischen Einflusses und die kulturelle Vielfalt der Region wird thematisiert. Dann machen wir uns auf den Weg in die Tiefen des Aztekenreiches selbst und erreichen schließlich die Hauptstadt Tenochtitlán und ihre Tempel. Viele gut gewählte und kuratierte historische Exponate helfen zur Veranschaulichung: anhand von Masken, Statuen, Schmuck und ähnliches wird Ideologie, Kultur, Wirtschaft und Religion der Azteken, vordergründig im 15. und 16. Jahrhundert erklärt.
Als die Spanier kamen (1519, in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts), befand sich das Aztekenreich auf seinem Höhepunkt. Ihre Hauptstadt Tenochtitlán (heute: Mexico City) war damals eine der größten Städte der Welt. Etwa 200 Jahre davor hatte sich dieses ursprünglich nomadische Volk hier nieder gelassen, nachdem sie die meisten umliegenden Völker besiegt und tributpflichtig gemacht hatten.

Die Exponate stammen aus der ganzen Welt, sind aber auch Leihgaben, zum Beispiel aus dem mexikanischen Templo Mayor Museum – der Einrichtung, die dem „Großen Tempel“ in Tenochtitlán gewidmet ist. Exponate aus der eigenen Sammlung des Weltmuseums ergänzen die Leihgaben. Der Ton und Beleuchtung sind durchgehend relativ dunkel, in Petrol mit roten Farbklecksen, die auf den Codices (Bilderhandschriften, die von den Azteken in Form von Piktogrammen und Ideogrammen erstellt wurden) basieren. Es ist Qualität vor Quantität gestellt. Manche Räume sind einigen wenigen Objekten gewidmet, was jedoch deren Bedeutung und Rarität unterstreicht. Alles in allem ergibt es mit der Hilfe von Glasvitrinen, Modellen, Videos, eine vielfältige Ausstellung in der man gut 1-2 Stunden verbringen kann – obwohl es sich dabei “nur” um 7 Räume handelt.

On a side note: An der Gestaltung haben mexikanische Wissenschaftler*innen an der Ausstellung mitgewirkt und dazu beigetragen, dass eine weniger eurozentrische Perspektive und Interpretation der aztekischen Artefakte in die Ausstellung einfließt. Die Ausstellungsgestaltung ist nicht sonderlich innovativ und richtet sich eher nach dem gängigen “state of the art”. Dem ist nichts entgegenzusetzen, aber inwieweit dies einer eurozentristischen Interpretation entgegensteht, ist nur schwer zu sagen.
Die kolonialistische Geschichte der Exponate des Weltmuseums ist nicht zu leugnen. Vor allem in Bezug auf Mexiko hat und hatte es eine besondere Rolle, da die Konquistadoren zahllose Kunstschätze an die Habsburgischen Herrscher schickten. Vieles davon ist hier gelandet, über Tirol kommend zuerst im Naturhistorischen Museum, zuletzt im „Museum für Völkerkunde“, das mittlerweile in „Weltmuseum“ umbenannt wurde. Zentrum der Wiener Schätze ist der so genannte „Penacho“, lange als die „Montezumas Federkrone“ bekannt. Die Debatte um den Besitz und die Rückgabe dieses Federschmuckes hat sich viele Jahre gezogen – mehr dazu hier: https://www.derstandard.at/story/1334796190784/langjaehriger-streit-federkrone-des-montezuma-verleihung-denkbar).
Dennoch alles in Allem: eine der stimmungsvollsten Ausstellungen aus dem Weltmuseum, die sehr gut kuratiert ist und sich tatsächlich für eine breite Altersgruppe eignet!

Hard Facts:
- Mit über 200 aztekischen Objekten aus Museen auf der ganzen Welt
- Läuft vom 15. Oktober 2020 bis 13. April 2021
- Kein Aufpreis – nur eine normale Eintrittskarte für das Museum. ABER: Slot bei großem Andrang erforderlich (wir mussten 2h Stunden warten)